Frage:
Was ist an diesen Gewerkschaften "christlich"?
2008-12-21 02:47:12 UTC
Sie stehen seit Jahren unter Verdacht, Tarifverträge vor allem im Sinne der Arbeitgeber abzuschließen: Jetzt hat das Arbeitsgericht Berlin den christlichen Gewerkschaften notgedrungen noch einmal Luft gegeben.
Von Thorsten Denkler, Berlin

Wenn die Richter am Arbeitsgericht Berlin am Dienstag gekonnt hätten, wie sie wollten - die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) hätte wohl nicht mit Milde rechnen können.

Für die CGZP stand am Morgen nicht weniger auf dem Spiel, als die Aberkennung ihrer Tariffähigkeit - mit weitreichenden Folgen. Sämtliche bisher von der umstrittenen Tarifgemeinschaft abgeschlossenen Tarifverträge hätten auf einen Schlag ihre Gültigkeit verloren.

Vor Gericht ist diese Frage gelandet, weil zwei Zeitarbeitnehmer überzeugt sind, zu wenig Geld zu bekommen. Ihre Arbeitgeber haben Tarifverträge mit der CGZP abgeschlossen. Wären sie in einem Betrieb angestellt, in dem ein Vertrag mit einer DGB-Gewerkschaft existiert, der Lohn wäre deutlich höher.

Mit der CGZP fallen die Preise

Für die meisten Zeitarbeitsfirmen gilt: Sieben Euro Minimum die Stunde. Doch wo die CGZP im Spiel ist, fallen die Preise. Von Dumpinglöhnen ist gar die Rede - vor allem, wenn es um Haustarifverträge geht. Über 150 Haus- und Flächentarifverträge sollen mit der Unterschrift eines christlichen Gewerkschafters gültig geworden sein. Über die genauen Tarife schweigen sich die christlichen Gewerkschaften regelmäßig aus.

Die Berliner Arbeitsrichter ließen keinen Zweifel daran, dass sie "Zweifel" an der Tariffähigkeit der CGZP haben. Grundlage dafür ist die sogenannte Sozialmächtigkeit. Eine Gewerkschaft, die Tarifverträge mit Arbeitgebern abschließt, muss auch Muskeln haben, mit denen sie spielen kann. Im besten Fall viele Mitglieder und viele abgeschlossene Verträge.

Ob das bei allen vier der CGZP angeschlossenen christlichen Gewerkschaften der Fall ist, halten die Berliner Richter offenbar für fraglich: Ihre Zweifel an der CGZP seien ja gerade vor den Hintergrund entstanden, ob für eine Tariffähigkeit "nicht alle an der Tarifgemeinschaft beteiligten Gewerkschaften ihrerseits tariffähig sein müssen".

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Fünf antworten:
2008-12-21 18:40:39 UTC
Christlich? Die hohen Herrn der Kirche und die frommen Pfeffersäcke des Mittelalters hatten auch Leibeigene.



Arbeiter / Angstellter ist heute nichts anderes als Leibeigenschaft.
2008-12-21 02:51:22 UTC
Christlich mag ja sein, aber eins ist sie ganz sichern nicht: eine Gewerkschaft sondern eine ArbeitGEBERvereinigung.



Welche Gewerkschaft ist denn gegen Mindestlohn, für weniger Lohn, für weniger Urlaub aber für mehr Arbeit ohne Bezahlung. Hoffentlich bestätigt dies das Gericht und erkennt die Tariffähigkeit ab.
hollunder
2008-12-21 04:24:24 UTC
Die christliche "Nächstenliebe" erstreckt sich bei diesen Gewerkschaften wohl hauptsächlich auf die Arbeitgeber. Wenn man schon notgedrungen als Arbeitsloser einen Zeitarbeiterjob anstreben will/muss, sollte man um sämtliche Firmen, die diese "christlichen" Tarife anwenden, einen großen Bogen machen (ein einfacher Blick in den jeweils angewandten Tarifvertrag sollte genügen). Die Löhne sind teilweise derart niedrig, dass dies schon an Sittenwidrigkeit und Ausbeutung grenzt. Meiner Ansicht nach kann in so einem Fall, wenn Angebote derartiger Firmen ausgeschlagen werden, auch die ARGE dem jeweils Betroffenen hieraus keinen Strick drehen und ihm die Bezüge kürzen.
Deccie
2008-12-21 03:47:35 UTC
Tja, hier beweist es sich mal wieder:

Nicht überall wo "christlich" drauf steht ist auch "christlich" drin.
Politically Incorrect
2008-12-21 07:10:00 UTC
genauso, was an der Partei CDU/CSU christlich ist. Abtreibung, Homoehe oder Scheidung widerspricht dem Christentum. Trotzdem schmückt sich die Partei mit dem Namen.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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